Biosignaturen

Ich bin da und erkenne auf den ersten Blick worum es geht. Ja, das sind eindeutig Biosignaturen. 

Warum Biosignaturen? Mir gefällt das Wort. In dem Podcast, den ich auf der Fahrt gehört habe, ging es um Biosignaturen. Ein Astrobiologe berichtet, wie sie auf fremden Planeten auszumachen sind, sofern dort Leben existiert. Die Raumsonde Venus Express, die im Jahr 2014 auf dem Höllenplaneten verglüht ist, von dem sie ihren Namen hat, suchte nach solchen Signaturen. Das können zum Beispiel Peaks und Lücken im optischen Spektrum des reflektierten Lichtes des Planeten sein. Diese werden von charakteristischen chemischen oder organischen Verbindungen in der Atmosphäre verursacht, die ohne Leben nicht vorkommen können.

Die organischen Verbindungen allerdings, die ich hier vorfinde, sind leicht zu entdecken. Sie beginnen auch schon zu oxidieren. Ich sehe eine Vielzahl erstarrter rotbrauner Rinnsale der ehemals hellroten Flüssigkeit. Sie bewirken einen interessanten Kontrast auf dem schmutzig weißen Kunststoff des Lichtschachtes. Deshalb beschließe ich ein Foto zu machen. 

Da ich selten unvorbereitet irgendwo erscheine, habe ich eine Sprühflasche mit Natriumhypochloridlösung dabei. Die berühmte Chlorbleiche. Hervorragend um Spuren aller Art zu beseitigen. Den Teil des Schachtes, den ich von hier unten erreiche, sprühe ich schon mal ein. Dann gehe ich nach draußen zum Abdeckgitter, wo der großzügige Spender der roten Flüssigkeit wohl eine Zeitlang verweilt haben muss. Ob er es selbst weggeschafft hat und was aus ihm wurde, weiß nicht nicht. Das Gitter sprühe ich ebenfalls satt mit der gelförmigen Bleiche ein. Ich beobachte, wie sich das Rot langsam auflöst und verschwindet. Sogar die kleinen eingetrockneten Bröckchen lösen sich und gleiten auf dem Gel in das Dunkel des Schachts. Zurück bleibt der leicht stumpfe Glanz des verzinkten Stahls in der Mittagssonne. Es ist ein schöner Tag. Alles ist sauber.  
Ich begebe mich nochmal nach unten in die angenehme Kühle. Ich mag die Sonne nicht, denn sie blendet und lügt. Unten angekommen, sehe ich wie die Enden der hellroten Rinnsale in die Ablaufrinne des Lichtschachtes fließen. Schöner weißer Kunststoff ist zu sehen.  

Schon bin ich auch wieder im Auto. Mein erster Gedanke ist, dass es Zeit wird, endlich mal die Klimaanlage zu reparieren. Dann widme ich mich jedoch wieder dem Podcast, der noch nicht zu Ende ist. Ich erfahre wie schwierig es ist, überhaupt diese Biosignaturen zu entdecken. Venus Express richtete den Blick ihrer Instrumente immer mal wieder zurück auf meinen Heimatplaneten. Und mehrmals lautete die Analyse: Kein Leben vorhanden. Die Wissenschaftler mussten nach anderen Linien im Spektrum suchen, die eindeutiger zum Leben passen.  

Kein Leben vorhanden. Irgendwie beruhigend, nicht alleine zu stehen mit dieser Einschätzung.